
Zu jemandem zu sagen „Du Flasche“ wird gemeinhin eher als Beleidigung wahrgenommen. Zu sagen „Du volle Flasche“ macht dann kaum noch einen Unterschied. Allerdings sind mir die vollen lieber als die leeren, wobei die vollen nur dann attraktiv sind, wenn ich sie selbst leeren kann. Abgesehen davon mag ich leere Flaschen grundsätzlich nicht. Warum? Wegen der Sache mit dem Entsorgen, da steckt schon das Wort Sorge drin, und die macht uns die Sache regelmäßig, mir und meinem Mann.
Natürlich kann man die Flaschen heimlich in den Restmüll einschmuggeln, gedämpft durch Klopapier in- und auswändig. Allerdings geht die blickdichte Noppenfolie, mit der man das ganze umwickeln muss, ziemlich ins Geld.
Der Werdegang einer Flasche ist ja bekanntlich der: die volle Flasche wird irgendwann leer und gesellt sich zu anderen leeren Flaschen. Unsere Erstsammlung erfolgt am Balkon. Mein Mann und ich pokern regelmäßig darum, wer die Flaschen zumindest mal ins Auto trägt. Einsatz ist eine Flasche bestes Corona, natürlich leergetrunken, man will den Sieg ja schließlich auskosten. Eine weitere Flasche entscheidet, wer die Kleinen zum Schafott bringt.
Vor Ort, also direkt neben den muffigen, klebrigen, überdimensionierten Behältern, ist man dann gezwungen, die Flaschen in bunt und weiß auseinanderzuklauben Was noch nicht so schlimm ist. Schlimm ist, die Kübel zu öffnen, zwei Kübel zu öffnen, mit zwei Säcken in der Hand und lediglich zwei Händen. Die Mathematiker unter uns würden sagen „Des geht si net aus!“ Ein Profi, wie ich, stellt die Säcke neben die Behälter und läuft davon.
Würde ich machen, wäre ich nicht so ängstlich. Hätte ich nicht enormen Respekt vor dem Flaschennachbarn, dessen Haus sich unmittelbar neben den Tonnen befindet und der mit Argusaugen jeden Handgriff hinter zugezogenen Gardinen beobachten, um wie ein Habicht herauszustürzen, wenn nach 20 Uhr eingeworfen oder nicht farblich getrennt wird.
Tatsächlich öffne ich also mit einer Hand den Behälter, besser mit zwei Fingern, denn auch Kernölflaschen wurden entsorgt… Ein Geruch von Hoch bis Niederprozentigem schlägt mir ins Gesicht, danach der Griff mit Ekel in den eigenen Sack, Stück für Stück. Und das Beste: am Ende steht man mit zwei vollgesogenen Plastiksäcken da, die man nicht mal am gleichen Ort entsorgen kann, weil die ehemaligen Plastiksammelbehälter von der Entsorgungsfirma entsorgt wurden.
Ein grausames und grausliches Spiel, das die Mülltrennung da mit uns treibt. Mein Mann und ich haben schon überlegt, ob wir nicht überhaupt direkt bei den Behältern trinken sollten, was aber den Gemütlichkeitsfaktor ein wenig einschränken würde. Schlussendlich haben wir uns zu einem drastischen Schritt entschieden. Wir werden uns beim Flaschennachbarn einmieten, dessen Fenster direkt an die Mülltonnen angrenzt, dann können wir die Flaschen nach der Konsumation einfach aus dem Fenster schmeißen, im Andenken an Giovanni Trapattoni: „Flasche leer,…, ich habe fertig.“ Nur unser Psychiater hat uns davon abgeraten. Er meint, wir sollen zuvor eine Therapie machen. Die könnte länger dauern…
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Ich weiß nicht, soll ich mit der „Geplagten“ Mitleid haben, oder ihr einfach zum satirischen Umgang mit dem Thema gratulieren.
Wie auch immer, Tatsache ist, dass die Leerflaschenentsorgung für viele eine frustrierende Angelegenheit ist. Recycling ist ja an sich eine durchaus positive Sache, weshalb man dazu natürlich nach Kräften seinen Beitrag leisten sollte. Andererseits kann man das auch übertreiben, wie ich dies anlässlich eines Englandaufenthalts im Hause einer Britin, ihres spanischen Ehemanns und deren Kinder erlebt habe. Mann und Kinder ziemlich unbekümmert (um es freundlich auszudrücken), wenn es um Ordnungsliebe und Sauberkeit ging. Die Dame des Hauses hingegen schien davon überzeugt zu sein, dass putzen bis zur klinischen Sterilität im Haushalt ein MUSS sei. Leere Glasflaschen wurden erst einmal unter fließendem Wasser vorgewaschen, dann sorgfältig in den Geschirrspüler geschlichtet und dort einer Vollreinigung unterzogen, danach, natürlich getrennt nach Farben, in den entsprechenden Leerflaschencontainer eingeschlichtet. Glückliche Recycling-Flaschen!
Wie schaut es bei mir selbst aus? In der nahen Umgebung unseres Hauses gibt es keine öffentlich zugänglichen Glasflaschencontainer. Weiter weg schon, aber dort sind am Abend jener Tage, an welchen in der Mittagszeit die Container entleert werden, diese bereits wieder randvoll, und wer es am darauffolgenden Morgen erst versucht, stellt fest, dass die Container inzwischen zusätzlich bereits von jeder Menge Plastik- und Papiersäcken – mit natürlich nicht vorsortierten Flaschen – umlagert sind. Was also tun?
Meine Hausgenossen und ich, wir entsorgen unsere Leerflaschen im Restmüllcontainer. „So schlecht“ werden Sie vielleicht sagen. Aber immer noch besser als das, was man auf den Straßen leider immer wieder beobachten kann: Ist die Flasche erst einmal ausgetrunken, wird sie einfach fallen gelassen, am besten seitlich der Randeinfassung des Gehsteigs. Da freuen sich dann die Autofahrer, wenn sie am nächsten Morgen – nichts Böses ahnend – wegfahren möchten, und ein oder auch mehrere Reifen sind platt.