
Die Katzenüberlegungen erscheinen als regelmäßige Glosse („Katzenjammer“) im Magazin all4pets, aktuelle Ausgabe 4/2013 (www.all4pets.at).
Das mit der Kommunikation ist so eine Sache. Während meine seltsame Mitbewohnerin mit Augenrollen, Schmollmund und Hände-über-dem-Kopf-zusammen-Schlagen ganze Enzyklopädien füllen könnte, sind wir Katzen darauf angewiesen, mit spärlichstem Werkzeug unsere gesamte Gefühlspalette zum Ausdruck zu bringen. Oder haben Sie schon mal unser Stirnrunzeln bemerkt? Eben!
Natürlich gehört meine Mitbewohnerin mittlerweile zu jener Gruppe ihrer und damit auch Ihrer Spezies, die bereits ein marginales Heben meines Gesamtfellmantels oder die Änderung des Schlitzwinkels meiner Augen zu deuten weiß. Gegebenenfalls sucht sie dann rechtzeitig das Weite. Ich hab sie auch lange genug erzogen. Dennoch, der ignorante „Ich hab noch niemals eine Katze zu Hause gehabt“ – Menschenbürger degradiert uns natürlich auf die schlichten vier Buchstaben: MIAU. Aber welche Bandbreite dieses kleine Wörtchen beinhaltet, bleibt den meisten da draußen verborgen. Und damit nicht auch Sie zu dieser bedauernswerten Gruppe gehören, hab ich hier die wichtigsten Bedeutungen zusammengefasst: Denn Miau ist durchaus nicht Miau!
Miau
Dieser hochsprachliche Ausdruck existiert in freier Wildbahn praktisch nicht. Miau in seiner Reinform findet man höchstens noch im Fernsehen oder im Wörterbuch. Wer meint, eine Katze mache Miau, meint wahrscheinlich auch, der Mensch spreche Blabla.
Miaouu?
Herzig, nicht? Ja, und genau das soll damit auch ausgedrückt werden. Wir sind lieb, wir sind süß, wir sind unwiderstehlich. Übersetzt bedeutet das so viel wie: Wer bist du, was machst du, gibst du mir das kleine Leckerli da oben aus dem Regal? Oder auch: Was bringt der Tag mir heute Nettes, und findest du mich schön? Diese Buchstabenabfolge wird jedoch zeitweilig auch geäußert, wenn wir Sie mit unseren feinen Härchen am Kinn kitzeln und unsere Nasen an Ihrer Wange reiben, etwa fünf Minuten, bevor Ihr Wecker morgens klingelt.
Mieauuu!
Wenn Sie diese, etwas betontere Äußerung vernehmen, wollen wir wahrscheinlich rein. Oder raus. Oder rauf. Oder runter. Auf jeden Fall: Irgendwas wollen wir. Am besten geben Sie‘s uns. Und wenn Sie nicht wissen was? Geben Sie‘s uns trotzdem.
MeeeAUUU!
Genau, da drin steckt „Au“! Wahrscheinlich haben Sie den Hügel unter Ihrer Bettdecke mit Ihrem Polster verwechselt, oder wackeln, ohne Licht zu machen, nachts auf die Toilette. Vielleicht glauben Sie ja auch, dass es Spaß machen könnte, wenn Sie unser zeitweilig klumpiges Fell mit einer Haarbürste bearbeiten. In jedem Fall, hören Sie damit auf!
M..ck.. M…ck..M..c
Dieses abgehakte, konsonantenlastige Halbkrächzen drückt entweder tiefste Konzentration oder höchste Faszination aus. Meist sitzen wir dann auf unserem Beobachtungsposten in sicherer Entfernung zu einem anderen Lebewesen, das nicht Sie sind. Wahrscheinlich ein alberner Vogel. In diesem Fall gilt: Ruhig bleiben, nicht bewegen. Und unterstehen Sie sich zu lachen!
Zssssssss…cchchchch…CHrCHrCHR…
Um eines klarzustellen: Wir Katzen schnarchen nicht! Nie, in keinem Moment unseres Lebens. Und wenn Sie anderes gehört haben, dann täuschen Sie sich. Gehen Sie zum Ohrenarzt, setzen Sie Ihre Medikamente ab, aber wir sind‘s nicht. Vielmehr bin ich sicher, dass SIE schnarchen, und wie!
Mieeeeeeeeauu!!!
Vergessen Futter zu besorgen? Schwerer Fehler. Gehen Sie Futter kaufen! Laute Party im Gange? Schicken Sie die Gäste nach Hause! Spielen Sie Klavier? Hören Sie auf damit! Ist Nachbars Hund auf Besuch? Ich bitte Sie, Anfängerfehler! Wenn obiges allerdings aus Ihrem Kleiderschrank tönt, heißt das höchstwahrscheinlich so viel wie: „Oh Mann, konntest du nicht wenigstens in deinen Kasten gucken, bevor du zur dreistündigen Opernvorstellung aufgebrochen bist?“
Schnurrrrrr!
Glückwunsch, Sie haben‘s geschafft. Mehr Anerkennung können Sie von uns Katzen nicht erhalten. Sie sind ein wahrer Katzenliebhaber. Darf ich Sie Freund nennen? Glauben Sie mir, eine schnurrende Katze ist mehr Referenz als ein Orden Ihres Herrn Mister President. Allerdings nicht so leicht zu bekommen!
Denn vergessen Sie nicht: Reden ist Silber, Schnurren ist Gold!
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Verehrte Expertin unserer Sprache,
wir haben Ihren Artikel mit allergrößtem Vergnügen und großer Bewunderung gelesen, möchten jedoch dazu eine Kleinigkeit ergänzen:
Wir (ebenfalls zur edlen Rasse der felidae gehörig) haben, was unsere Sprachäußerungen betrifft, ein unumstößliches Motto: „Don’t waste your breath, life is too damned short.“ Unser Personal, bestehend aus dem Butler Frank und dem Mädchen für alles, Stefanie, versteht uns auch ohne sprachliche Äußerungen sehr gut. Ein Blick auf die Klinke der Terassentür und schon wird sie aufgetan, ein gemächlicher Spaziergang mit erhobenem Schwanz zur Tür der Speisekammer, und schon wird uns köstliches Essen in Porzellanschälchen gereicht, ein eleganter Sprung aufs Bett oder auf ein Sofa oder dergleichen und schon haben Frank und Stefanie verstanden, dass wir jetzt massiert und gekrault werden wollen. Wozu also Worte verschwenden? Wenn die beiden wirklich einmal ein Brett vor dem Kopf haben und gar nichts verstehen, lassen wir uns gnädig zu einem minimalen meeeou herab. Das ist aber äußerst selten nötig.
Zuweilen haben wir allerdings den Verdacht, dass die beiden einfach nicht verstehen wollen, was von uns gefordert wird, was von einem Personal natürlich äußerst ungehörig ist, und dann kann dem minimalen meeou schon mal ein zweites folgen, laut werden wir allerdings nie. Das wäre unter unserer Würde!
Das heißt, jetzt fällt mir (chéri) ein äußerst ungewöhnliches Ereignis ein, das mich tatsächlich dazu gebracht hat, diese goldene Regel zu durchbrechen. Vor einiger Zeit hat sich doch tatsächlich ein nicht zum Haus gehöriger Angehöriger der Rasse der felidae erkühnt, mir durch unser Spezialtürchen durch den Keller und über die Stiege hinauf bis zum Eingang ins Haus zu folgen. Da habe ich dann allerdings meinen Lungen ein Kreischen entlockt, das als meeou oder dergleichen kaum noch zu erkennen war. In welche Kategorie würden Sie, Verehrte, als erfahrene Linguistin, so ein Kreischen einordnen? Jedenfalls, der Kerl (es war kein wirklich edler Angehöriger unserer Rasse, sondern ein ganz gewöhnlicher Strassenkater) hat dann auch fluchtartig kehrt gemacht und es selbstverständlich nicht gewagt, mir ins Haus zu folgen.
Sascha, mein Bruder, fällt nicht einmal in solchen Ausnahmefällen aus der Rolle. Er ist eben der geborene Philosoph. Er starrt fremde Eindringlinge einfach so lange an, bis sie mit eingezogenem Schwanz das Weite suchen. Das kann er tatsächlich!
Ein Wort noch zu unserem Personal: Sie sind im Grunde sehr liebe Menschen, aber Menschen eben, und wir wurden so erzogen, dass Menschen für uns automatisch zum Personal mutieren. Da Sie, Verehrteste, Ihre Menschen aber immer „Mitbewohner“ nennen, sind wir jetzt einmal ins uns gegangen und überlegen, ob wir die beiden nicht vielleicht auch als solche akzeptieren sollen. Aber wer weiß: Vielleicht werden sie dann übermütigt und wer soll uns dann bedienen?
Mit ergebenstem Gruß,
chéri und Sascha (in alphabetischer Reihenfolge)
Liebe Chéri, lieber Sascha!
Da habt ihr sicher recht: Gut erzogene Mitbewohner benötigen keine akustischen Hinweise, um zu verstehen, wie sie uns Gutes tun können. Die reagieren dann bereits auf den kleinsten Hinweis. Butler Frank und Mädchen Stefanie scheinen ja ganz wunderbare Exemplare zu sein. Gratulation! Aber nicht zu viel davon in der Nachbarschaft herumerzählen, sonst kommt so ein Eindringlich, wie ihr berichtet habt, und versucht sich als Kuckuckskind in euer, mühsam über Jahre hinweg gebautes, Nest zu setzen. Saschas Blick muss ich mir einmal ansehen, den würd ich gerne verwenden, wenn ich darf.
Das Kreischen, Chéri, das du als Art „meeou“ beschreibst, dürfte nach meiner eingehenden Studie demnach wohl bedeuten:
„Was zum Henker machst DU denn hier? Was glaubst du denn, wohin du jetzt willst? Wag es ja nicht!!! Denn ich bin nur der gute Cop, der böse wartet oben, also hinweg, hinweg!“
In diesem Sinne, macht weiter so, verteidigt eure Heim, und haltet eure Mitbewohner stets auf Trab! Doch wenn sie mal ganz besonders brav waren, tut doch für einige Momente so, als hätten sie hier tatsächlich was zu melden:-)
Mit freudigem Katzenschnurrer
Eure Felice
Liebste Felice,
herzlichsten Dank für Ihre Antwort (oder bedeutet die Unterschrift Felice, dass wir jetzt Du sagen dürfen? Das wäre uns eine große Ehre und würde uns sehr freuen!)
Nachdem wir Ihren/Deinen Brief gelesen hatten, haben wir beschlossen, unsere Mitbewohner (alias Personal), die/das in letzter Zeit wirklich ausnehmend brav war/en, damit zu belohnen, dass wir einige Male BEIDE ZUGLEICH zu ihnen ins Bett gesprungen sind und sie mit einem herrlich melodischen Katzenduett in den Schlaf geschnurrt haben. Normalerweise schlafe nämlich nur ich (Sascha) dort, chéri bevorzugt es, jeden Abend einen anderen Schlafplatz im Haus aufzusuchen und kommt nur kurz im Schlafzimmer vorbei, um gute Nacht zu sagen. Er ist ein ausgeprägter Einzelschläfer. Es schien ihm aber letztlich doch ganz gut gefallen zu haben, denn letzte Nacht ist er wieder gekommen und eine ganze lange Weile geblieben.
Mit herzlichem Schnurren,
Ihr/Dein SaschA
P.S.: Ich (chéri) bin ein ausgeprägter Einzelschläfer, weil die beiden menschlichen Mitbewohner (alias Personal) die Unart haben, sich ständig herumzuwälzen und das vertrage ich gar nicht gut! Für eine kleine Weile war es aber doch ganz nett bei ihnen im Bett. Ihr Entzücken über unser Schnurrduett war geradezu rührend und als ich Mädchen Stefanie dann noch mein weiches Pfötchen in die Hand legte, hat sie beinah selbst so eine Art ansatzweisen Schnurrens von sich gegeben. Sascha hat mir übrigens verraten, dass er gelegentlich sein Köpfchen in ihre Hand legt, was sie ebenfalls zu einem Schnurrversuch bewegt. Natürlich ist so ein Versuch weit entfernt von unserer Virtuosität, aber es kann natürlich nicht jeder so musikalisch sein wie wir.
Herzlichstes Schnurrschnurr,
Ihr/Dein chéri