
Es gibt viele Dinge, von denen ich keine Ahnung habe. Z.B. weiß ich nicht, wie das mit der Erdplattenverschiebung genau funktioniert hat oder warum Schwalben ein halb fertiggestelltes Nest, das man bei Obi kaufen kann, zu Ende bauen. Ein Rätsel ist mir auch, warum sich anscheinend unter schwarzlackierten Fingernägeln immer mehr Dreck ansammelt, als unter unlackierten. Wovon ich aber ganz und gar, also mit Haut und Haaren, auch nicht den blassesten Schimmer habe, sind Motorräder. Ja genau, tut mir leid, auch wenn mich jetzt sämtliche Wutemanzen dieser Welt mit ihren Expandern bewerfen, aber das gesamte Motorraduniversum ist mir aber sowas von fremd. Dabei begegnen sie einem gerade jetzt in der Sommerzeit an jeder Ecke.
Mittlerweile ist auch der Zug abgefahren, in dem ich mit meinem Nichtwissen noch Halbwissen vortäuschen konnte. Warum? Letztes Wochenende saß ich mit meinem Freund, dem Bären (nein, das ist sein Spitzname), beim Bier, während er plötzlich ein Prospekt aus der Hosentasche zog, mit dem Finger darauf zeigte und fragte: „Soll ich lieber die Honda CBF mit 4-Zylinderreihermotor, seidenweicher Laufkultur und sicherheitsrelevantem kombinierten Integral ABS und gut abgestimmten progressiven Federn nehmen oder doch besser die Einzylinder KTM Duke, mit ihrem kräftigen Drehmoment, die vom Stand sofort wegdrückt?“
Und ich, ganz Frau von Welt, blicke ihn aufmerksam wissend an, während hinter meinem Augapfel meine geistigen Rollos heruntergelassen werden. Wäre nicht weiter aufgefallen, wenn ich nicht lediglich ein „Bda bda da…“ herausgebracht hätte. Was sagt man aber auch darauf, wenn man nicht einmal die Frage, nein, wenn man nicht einmal die Worte, die diese Frage bilden, oder besser, die Buchstabenzusammensetzung der Worte, die diese Frage bilden, versteht. Nach einigen Minuten des Prospektanstarrens konnte ich aber sogar das eine oder andere erkennen. Das da müssen die Räder sein, und dort, das sind die …Bremsen? Und schon kam es mir nicht mehr so fremd vor. Bis der Bär mich darauf aufmerksam machte, dass ich das Prospekt verkehrt herum in Händen hielt.
So schnell gebe ich natürlich nicht auf. Wäre doch gelacht, wenn man der Blamage nicht durch eine gezielte Internetrecherche den Garaus machen könnte. Nach drei Stunden hatte ich mir aus den unterschiedlichsten Seiten einen schönen Satz zusammengebastelt, den ich bei passender Gelegenheit zum Besten geben wollte. Und Gelegenheiten gibt’s ja praktisch wie Ölspuren im Meer. Man kann z.B. beim Spazierengehen sagen: „Schau mal, der Urinfleck des Hundes sieht aus wie ein… MOTORRAD. Und schon ist man beim Thema.
Glücklicherweise musste ich gar nichts initiieren, denn beim nächsten Treffen hatte der Bär ja noch immer keine Entscheidung getroffen, da ergab es sich ganz von selbst, dass ich sagen konnte:
„Also ich finde die KTM Phinx Prestige 30G mit einem 1290 Carbonframe Monocoque Rahmen und mit einer Fox 32 Float FIT Remote 100-15-T Sp Federgabel gar nicht so schlecht!“
Der Bär verstummte und sah mich an, während ich mich in diesem wohlverdienten bewundernden Blick sonnte, bis er sagte: „Ja vielleicht, aber du sprichst von einem Fahrrad!“
Ich wurde ein bisschen still, dann ein bisschen rot.
Seit damals wissen es alle, und ich kann seither getrost auch mal über einen längeren Zeitraum die Rollos unten lassen, das überrascht Keinen mehr!
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Liebe Schreibselbraut,
ich denke dass, so wie du es am Schluss festgestellt hast, es nicht peinlich ist sich in manchen Themenbereichen als ein Stümper, wenn nicht sogar als ein Hanswurst zu erweisen, da sich der liebe Bär sicher nicht im Bereich der Frauenkosmetik auszudrücken weiß (und alle aufgeschnappten Begriffe augesprochen von „Starschminker Boris Entrup sinnlos in eine Konversation zu werfen, gilt dabei nicht als Wissen, sondern als einen Versuch der Peinlichkeit des Momentes in den er dich gebracht hat zu entgehen 😉 )
lg die liebe Nichte
Liebe „die liebe Nichte“ (wer d‘raufkommt, woher das stammt, möge kommentieren)!
Glücklicherweise ist der Bär ein ganz ein Lieber und lässt es mich nicht spüren, wenn ich mich mal blamiere, selbst wenn es gar nicht blamabel ist, irgendwo ein „Hanswurst“ zu sein, da hast du recht. Bezüglich Frauenkosmetik muss ich bei ihm nachfragen, das gäbe ja dann wieder herrlichen Stoff für eine neue Story…
(Danke, dass du die Hürde übersprungen und den allerersten Kommentar geschrieben hast, es wartet Zuckerwatte mit Biergeschmack!)
H E S T (Hab einen schönen Tag)
Deine Schreibselbraut
Liebe Schreibselbraut!
Mach Dir nichts draus, dass die Sache ein wenig daneben gegangen ist. En klein wenig hat da im Grunde genommen auch Dein „lieber Bär“ Mitschuld. Über Motorräder, dazu noch ganz spezielle, wissen vielleicht ein paar selbst am „Feuerstuhl“ sitzende Emanzen genauer Bescheid, aber sicher nicht junge Damen, die sich gerne in Literatur und psychologisches Gedankengut vertiefen und besonders bewandert in verschiedensten Bereichen der Kunst, wie Malerei und Musik, sind.
So betrachtet hätte Dein Freund zwar seine Sorgen und Zweifel vor Dir ausbreiten dürfen, aber nicht erwarten sollen, von Dir eine Entscheidungshilfe zu bekommen. Außerdem hast Du ja, zwar auch um ihn zu beeindrucken, aber in erster Linie wohl, um ihm zu helfen, im Internet recherchiert, wenn Dich das auch unbemerkt auf eine falsche Fährte gelockt hat.
Zwar, wenn ich so darüber nachdenke, so verkehrt war es vielleicht gar nicht, ein exquisites Fahrrad, statt eines „Brumm-brumms“ vorzuschlagen. Kommt doch etwas billiger, und ist vor allem auch sicherer, nicht nur wegen der Geschwindigkeit, sondern auch, weil man sich da auf geschützten Radwegen bewegen kann. Von geschützten Motorradstraßen (abgesehen von sogenannten Teststrecken), die es erlauben, die volle Power des “Brumm-brumms“ auszukosten, habe ich dagegen leider noch nie gehört).
In jedem Fall: Kopf hoch, denn wie Du selbst sagst, der Bär ist so oder so ein „ganz Lieber“!
[…] mich!) um Rat zu fragen, als es um die Anschaffung eines neuen motorisierten Zweirades ging (Brumm brumm…). Ich mag den Bären, mein Mann mag ihn, alle unsere Freunde mögen ihn. Der Bär ist der Liebling […]