Meine seltsame Mitbewohnerin findet immer wieder skurrile Wege, ihr trostloses Dasein zu erhellen und meines zu amüsieren. Jüngst hat sie wieder etwas Neues für sich entdeckt: Yoga.
Da wechselt sie von der Kobra in die Raupe, verrenkt sich in Baum und Kuh bis in den Frosch.
Jeder braucht einen Platz auf dieser Welt. Einen Ort der Ruhe, der Sicherheit und einen Spielplatz. Also Plätze. Etwa meine Couchmulde oder das Klavier, wenn der Deckel geschlossen ist, der kleine Abstelltisch oder die Ecke hinter dem Bücherschrank. All das gilt es mit Fauchen und Kratzen zu verteidigen. Dummerweise muss ich meine Plätze ständig mit meiner seltsamen Mitbewohnerin teilen.
Ich bin eine Katze. Mit all ihren wunderbaren Eigenschaften und Eigenheiten. Ich habe Zugriff auf Stadt und Land. Wenn ich es umtriebig mag, setze ich mich auf das Balkonsims, bin schön und gucke umher.
Menschen sind seltsam. Aber das wissen Sie ohnehin. Sie sind ja wahrscheinlich einer.
Vor Kurzem hat meine seltsame Mitbewohnerin beschlossen, kein Brot mehr zu essen, zumindest kein Weißbrot. Davon bekäme sie Halskratzen, rote Pusteln und angeschwollene Backen, großes Unwohlsein eben.
Für alle, die mich nicht kennen: Ich verachte Katzenspielzeug! Diese lächerlichen Kleintierattrappen, denen nur gehirnamputierte Katzen etwas abgewinnen können. Es ist peinlich mit anzusehen, wie sich meine Artgenossen in beschämender Weise von dieser Spaßfassade täuschen lassen.
Sie wissen ja, wie wir Katzen sind: Geheimnisvoll, intelligent, inspirierend, faszinierend, poetisch, cool, sexy und unendlich schön. Aber eines dürfen Sie niemals außer Acht lassen, inmitten dieser wunderbaren Eigenschaften und Eigenheiten sind wir vor allem eines: Unsäglich melancholisch.
Eine eigene Terrasse macht glücklich. Ein Platz, frei von Postboten, Müllmännern, Nachbarn im speziellen und allgemeinen, kleinen Kindern mit Patschhänden, Zeitungsausträgern, Verwandten, Bekannten oder sonstigen Freunden der Familie. Und in jedem Fall frei von felligen Nachbarskatzen, mit schwarzweißem Keilgesicht.
Wie Sie ja wissen, bin ich vor kurzem umgezogen worden. Na ja, vielleicht bin ich sogar ein wenig ungezogen geworden, aber kann mir das einer verdenken? Ich musste in den letzten Wochen eine tierisch neue Infrastruktur aufbauen, was mich nicht gerade philanthropischer gemacht hat. Veränderung mag ja gut sein, nicht aber für mich!
Es war wieder mal so weit. Die Tage wurden länger, die Nächte milder, die Menschen wuselten unangenehm glückselig durch die Gegend und grenzten meine natürliche Umlaufbahn empfindlich ein. Friede, Freude, Eierkuchen. Aber vor allem Liebe. Davor ist niemand gefeit, auch nicht die menschlichen Weibchen, und schon gar nicht meine seltsame Mitbewohnerin.
Wissen Sie, warum mich meine Mitbewohnerin Felice genannt hat? Weil ich sie gleich zu Anfang so glücklich gemacht habe. Sagt sie zumindest. Und ich würde ihr nicht widersprechen, obwohl unsere erste Begegnung für mich ja nicht undbedingt so prickelnd war.
Ich hing gerade mit beiden Pfoten an einem riesigen Plüschkratzbaum, über mir meine Geschwister, unter mir meine Mutter, die uns träge beobachtete und froh war, dass nicht ständig irgendwer an ihr herum saugte. Später, viel später, verstand ich sie.