
Die Katzenüberlegungen erscheinen als regelmäßige Glosse („Katzenjammer“) im Magazin all4pets, aktuelle Ausgabe 1/2016 (www.all4pets.at).
Menschen sind seltsam. Aber das wissen Sie ohnehin. Sie sind ja wahrscheinlich einer.
Vor Kurzem hat meine seltsame Mitbewohnerin beschlossen, kein Brot mehr zu essen, zumindest kein Weißbrot. Davon bekäme sie Halskratzen, rote Pusteln und angeschwollene Backen, großes Unwohlsein eben. Nun ja, das hätte ich ihr auch sagen können. Hätte Gott gewollt, dass wir Brot essen, wäre die Erfindung von Salamipizza, Roastbeef und Hühnerbeinen wohl mehr als redundant!
Meine Mitbewohnerin isst jedoch auch keine Nüsse mehr. Davon bekäme sie Kopfschmerzen und weiche Knie, oder so. Sie nennt es Allergie. Haben Sie etwa gewusst, dass es auch Menschen gibt, die auf uns Katzen allergisch sind? Was für eine echauffierende Schamlosigkeit! Und eine Verschwendung…
Um gründlich darüber nachdenken zu können, sprang ich in meine Couchmulde, wogegen ich übrigens zutiefst unallergisch bin, presste mich in jede Ausweitung der Polster und genoss meine Gehirngänge. So war das also, so sah es in meinem Leben aus. Das sind alles Allergien!
Ich überlegte. Da wäre mal definitiv meine Stufenallergie, eine böse Erkrankung. Jeder Niveauunterschied, der größer als ein Fingerhut hoch ist, führt bei mir zu Herzklopfen, Kurzatmigkeit und Gelenksschmerzen. Kurz, zu großem Unwohlsein.
Dann die unmäßige Kälteallergie. Eis, Schnee und kalte Herzen lähmen meine Bewegungen und meinen Geist. Die Folge: Rückzug und riesiges Unwohlsein!
Nicht zu schweigen von meiner SL-Allergie, Schreck- und Lärmallergie. Lautes Knallen, Husten und Pusten, führt zu Nackenstarre, Hyperaktivität und Frust.
Und Wasser! Ohne Zweifel leide ich an einer Wasserallergie. Oral zu mir genommen ist alles kein Problem, auch dezenter Kontakt mit den Pfoten ist harmlos. Aber Wasser von oben, etwa in Form von Regen oder Duschwasser, löst bei mir sofort einen anaphylaktischen Schock aus.
Je länger ich darüber nachdachte, umso leichter wurde es mir ums Herz. Es war ja alles so einfach.
Es ist nicht so, dass ich keine Menschen mag, ich hab einfach eine Menschenallergie. Einzig gegen meine seltsame Mitbewohnerin bin ich wohl immun. Oder sagen wir mal so, die Immunität kam durch jahrelanges, schweißtreibendes Training meinerseits.
Alle anderen ihrer Gattung jedoch gehen mir gewaltig auf den Zutz. Kopfschmerzen, Angstzustände und das schwerwiegende Gefühl der unendlichen Überlegenheit führen ganz klar zu unfassbarem Unwohlsein. „Endlich!“, dachte ich mir, „ich bin allergisch!“
Wie leicht doch das Leben ab nun sein würde. Ich sprang mit großem Satz von der Couch und trabte schwerfällig wie gehabt die Stufen hinauf, und fühlte mich dabei kein bisschen deprimiert. Denn ich war nicht übergewichtig und untergroß, es war die Allergie.
Als ich es mir im Bad auf dritter Handtuchebene gemütlich machen wollte, mir aber heute der Zugang verwehrt blieb, fiel mir ein, dass ich ja auch auf geschlossene Türen allergisch war, und wie! Speziell Badezimmer-, Schlafzimmer- und Küchentüren. Ein nicht freies Sprungfeld auf Teppiche, Handtücher, frisch gemachte Betten oder hinreißend aussehende Käseaufläufe löst unmittelbar klaustrophobische Ängste aus, Stiche im Herzen, und das brennende Gefühl der Unbequemlichkeit.
Wenn ich es genau betrachte, vielleicht leide ich ebenfalls an einer Katzenallergie. Diese felligen, übelriechenden, fremden Gestalten, die sich in meinem Revier tummeln und glauben, sie können vor der Haustüre campieren, nur weil ich so schön und unerreichbar bin. Pah! Selbst wenn ich wollte, ich würde niemals die nette, anbiedernde Nachbarskatze werden.
Und dann Scotty, das Keilgesicht von nebenan, der rotzfreche Überfliegerkater mit seinem selbstgefälligen, offensiven Grinsen. Gegen den bin ich aber sowas von allergisch. Wunderbar!
Es ist toll, ich fühl mich so leicht, es ist alles ganz einfach, endlich hab ich die Gleichung der Welt entschlüsselt.
Und wenn Sie von mir lernen wollen, dann habe ich zum Abschluss noch einen Tipp für Sie: Beginnen Sie Ihr nächstes Beziehungsgespräch zur Abwechslung mal mit folgenden Worten:
Es liegt nicht an mir, es liegt an DIR!
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