
Das mit dem Wissen ist so eine Sache. Jeder weiß irgendwas, oder? Man muss ja auch was wissen, sonst wüsste man ja nix. Doch es gibt solche und solche. Die einen tragen ihren Hirn-Input wie ein D-Körbchen vor sich her und zerquetschen dich förmlich damit, die anderen sind bis obenhin vollgepfropft mit dem wunderbarsten Wissen, wissen es aber nicht. Und es ist ihnen auch egal.
Unterschiede gibt es auch, was den Erwerb des Wissens betrifft. Manch einer hat bereits mit taufrischen fünf Jahren die Welt in ihrer gesamten Fülle und Größe erkannt und konnte sich fortan nichts Schöneres vorstellen, als täglich die Schulbank zu drücken. Andere, wie etwa ich, haben während der Unterrichtsstunde lieber unter dem Tisch mit Dieter Händchen gehalten, Karten gespielt, gejausnet, oder einfach nur geschlafen.
Erst nach dem „Muss“ der Schulzeit hat sich bei mir der Wissensdurst wie von selbst eigestellt, hab ich praktisch das aufgesogen, was mich wirklich interessiert hat. Vielleicht auch, weil das Interesse an mir selbst ein wenig abgenommen hatte und ich schließlich, wie schon Roger Whitaker lange vor mir, erkannt hatte: „Du, du bist nicht allein…“
Dennoch, am schönsten find ich es nach wie vor, sich im Gespräch mit anderen einfach treiben zu lassen, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen. Und wieder zurück.
Vor Kurzem etwa saß ich mit meinem Mann und ein paar Freunden beim Chinesen zum Abendessen.
Während ich mit meinen zwei Holzstäbchen versuchte, ein Stück pikanten Salat neben der Schüssel von der Tischdecke zu fischen, plauderten die anderen munter vor sich hin. Genussvoll gab ich mich dem Geplänkel hin, warf hin und wieder etwas ein und war mit mir und allem im Reinen. Irgendwann hörte ich im Ohrenwinkel, wie mein Mann sagte:„…aber das funktioniert ja nicht, da muss man ja die Corioliskraft berücksichtigen!“
Es wurde still. Aber nur in meinem Kopf. Die anderen diskutierten ohne Pause munter weiter. Jemand erwiderte irgendwas von, das müsse sich dennoch ausgehen und ein anderer fuhr fort mit: „Ja, aber…“
Ich wunderte mich. Wie kann jemand „Corioliskraft“ mitten im Gespräch erwähnen und niemand fragt: „Häää?“
Ich hätte ja mein Smartphone gezückt und „Kor-r-ie-olis-kraft“ im Internet gesucht, aber ich hab keins.
Daher stellte ich meinen Mann zu Hause zur Rede: „Wieso kennst du solche Worte? Sag‘s mir!“
Er meinte, während er mir liebevoll übers Haar strich: „Schau, du kannst dafür innerhalb von nur zehn Minuten 20 Mal die Stimmung wechseln. Das ist doch auch was, oder?“
Ich war nicht beleidigt, als er sich grinsend davon machte.
Coriolis, ein cooles Wort! Was das wohl ist? Mein einziger Trost: Auch Dieter wird es nicht wissen…
Aber hätten Sie zufällig ein Smartphone?
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Naja, manche kennen sich eben mit Coriolan aus, andere mit Coriolis…und Tante Google weiß sowieso alles, sollte man tatsächlich wissen wollen, was zum Kuckuck diese Corioliskraft sein soll. Man ist zwar als Mensch, dem der Coriolan näher liegt als die Corioliskraft nach der Lektüre des Eintrags auch nicht viel schlauer, aber macht nix, man kann sich’s ja dann dank der Corioliskraft durchaus träge auf der Couch gemütlich machen und vielleicht Coriolan lesen.